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Zum 100. Todestag Arthur Schopenhauers hielt der Philosoph Max Horkheimer einen Vortrag über Die Aktualität Schopenhauers. Bereits dieser Titel lässt vermuten, dass Schopenhauer aktuell ist. Ist er das wirklich? Schaut man in die Regale von Buchhandlungen, die philosophische Bücher führen, liegt es wohl nahe, die Frage eher zu verneinen. Auch wird man in den Vorlesungsverzeichnissen deutscher Universitäten den Namen Schopenhauers verhältnismäßig selten finden. Kant, Hegel, Nietzsche und Philosophen neuerer Zeit sind dort deutlich häufiger vertreten.
Die Tatsache, dass Schopenhauer offensichtlich nicht dem herrschenden Zeitgeist entspricht, hat mehrere Gründe: Den marxistisch ausgerichteten Intellektuellen ist er zuwider, weil ihr unbelehrbarer Fortschrittsglaube sich nicht mit seiner Philosophie vereinbaren lässt. Christlich orientierte Menschen hingegen stört sein Atheismus. Metaphysik ohne Gott ist für sie kaum vorstellbar.
Mit den Philosophieprofessoren der Universitäten hat es Schopenhauer ohnehin verdorben, denn diese würden, wie Schopenhauer mit beißendem Spott bemerkte, nicht für die, sondern von der Philosophie leben.
Schopenhauer hatte sich nicht nur mit Professoren, sondern mit vielen Einflussreichen seiner Zeit angelegt, sodass er schließlich fragte: Wo ist eine Eitelkeit, die ich nicht gekränkt hätte? * Im Übrigen ging es Schopenhauer nicht darum, überall beliebt zu sein, denn er wusste:
Zwei so verschiedene Herren, wie der Welt und der Wahrheit, die nichts, als den Anfangsbuchstaben, gemein haben, läßt sich zugleich nicht dienen: das Unternehmen führt zur Heuchelei. **
Ein anderes Bild ergibt sich aber, wenn man mehr volkstümliche Schriften - wie Kalender, Ratgeber, Bücher zu Lebensweisheiten und dergleichen - heranzieht. Dort findet man oft Sprüche, kurze Aphorismen, treffend und durchaus allgemeinverständlich formulierte Wahrheiten, die von Schopenhauer stammen. Das ist kein Zufall. Denn hieran zeigt sich, dass es Schopenhauer im Gegensatz zu vielen, nur akademisch dozierenden Philosophen verstand, die von ihm erkannten Wahrheiten, anschaulich und immer am Leben orientiert den Menschen nahezubringen.
Gerade weil Arthur Schopenhauer nur der Wahrheit, nicht aber dem herrschenden Zeitgeist diente, ist seine sehr lebensnahe Philosophie aktuell, ja sein Denken ist, wie Max Horkheimer in seinem erwähnten Vortrag sagte, “unendlich aktuell”. ***
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Anmerkungen
* Schopenhauers Brief an Julius Frauenstädt vom 24. Aug. 1852. In: Arthur Schopenhauer , Gesammelte Briefe, hrsg. von Arthur Hübscher, 2. Aufl., Bonn 1987, S. 292.
** Arthur Schopenhauer , Zürcher Ausgabe, Werke in zehn Bänden, Band VII: Parerga und Paralipomena I / Ueber die Universitätsphilosophie, Zürich 1977, S. 171 f.
*** Zit. aus: Über Arthur Schopenhauer. Hrsg. von Gerd Haffmans, 3. Auflage, Zürich 1977, S. 159.
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